Aus für Ilian Tzankov

Von Eric Schmidt „Menschen, denen ich erklärt habe, was passiert ist, haben geheult.“ Martina Dosquet. Gewichtheben - Ilian Tzankov ist ein höflicher Mensch. Immer wenn ein Wettkampf beendet ist, winkt der Gewichtheber des TSV Heinsheim ins Publikum, um sich zu verabschieden. Das letzte Mal, dass der 35-Jährige auf der Bühne der Josef-Müller-Halle stand und gewunken hat, war am 9. Februar – beim Aufstieg in die Bundesliga.

Ein halbes Jahr später weiß man: Dieses Winken war ein Abschiedsgruß für lange, lange Zeit. Vielleicht sogar für immer. Wenn am 18. Oktober die Saison mit einem Heimkampf gegen den AC St. Ilgen beginnt, wird der „Tiger“ aus Bulgarien nicht mehr zupacken. Er würde es zwar gerne, er darf es aber nicht.

Nach den Vorfällen in Bulgarien, wo elf Heber der Nationalmannschaft des Dopings überführt worden sind, hat die International Weightlifting Federation (IWF) alle bulgarischen Gewichtheber gesperrt – auch jene, die mit dem Nationalkader und dessen Praktiken nichts zu tun haben; auch jene, die unschuldig sind. „Am Anfang haben wir uns gedacht, das betrifft uns nicht. Dann haben wir Zweifel bekommen, und nach und nach haben sich unsere Horror-Vorstellungen bestätigt.

Wenn in einem Land mehr als drei Athleten gedopt sind, kann die IWF alle anderen aus dem Verband sperren“, sagt Abteilungsleiterin Martina Dosquet. Die First Lady der Gewichtheber hat in den vergangenen Wochen alles getan, um nach Auswegen zu suchen. Und bis zuletzt gehofft, dass der bulgarische Verband eine Geldstrafe bezahlt, um der Kollektivestrafe seiner Athleten zu entgehen. Vergebens. „Uns sind die Hände gebunden. Wir können nichts mehr tun“, sagt Dosquet.

Was sie von der Gesetzgebung hält, daraus macht sie keinen Hehl. Sie spricht von „Sippenhaft“, von Regularien, die ihr persönliches Rechtsempfinden „ganz brutal stören“. Tzankov habe seit 1996 nichts mehr mit der bulgarischen Nationalmannschaft zu tun gehabt und nachweislich nie gedopt. „Er ist ein feiner Sportsmann. Wenn ich für jemanden die Hand ins Feuer legen würde, dann für ihn.“

Die Nachricht vom Aus für Tzankov hat wie eine Bombe eingeschlagen. Tzankov gehört zum TSV wie das Gewicht zur Hantel, wie der Neckar zu Heinsheim. Er ist der Publikumsliebling. Der Punktesammler. Der Star ohne Starallüren. „Leute, denen ich erklärt habe, was passiert ist, haben geheult. Auch ich hatte schlaflose Nächte“, so Dosquet. Wie es ohne ihn weitergeht?

Der TSV hat mit viel Glück Bartzomiey Osuch verpflichten können, einen 26 Jahre alten Polen, der im Leistungsbereich Tzankovs liegt. Nett und ruhig soll er sein. „Aber ein Tzankov ist er nicht“, sagt Dosquet.