TSV Heinsheim wieder ganz oben (HSt v. Eric Schmidt)

Irgendetwas stimmte nicht mit diesem Pokal. Oliver Ehemann bemerkte das schon während der Siegerehrung. Als der Routinier des TSV Heinsheim sich alles mal genauer anschaute, stellte er mit Entsetzen fest, dass er und die Mannschaft die falsche Trophäe erhalten hatten − die für Platz drei. "Halt!", rief Ehemann und eilte zur anderen Seite des Podests, wo die Athleten des AC Meißen standen. "Ihr bekommt den Pokal hier und wir den von euch."

Nein, nicht Dritter war der TSV Heinsheim geworden, sondern Zweiter. Beim Aufstiegsfinale der drei Zweitliga-Meister in Suhl sicherten sich die Gewichtheber aus dem Badischen die Vizemeisterschaft − und damit den Aufstieg in die 1. Bundesliga. Zum dritten Mal nach 2002 und 2008 dürfen die Männer in den schwarzen Kampfanzügen nun ganz oben ihr Glück versuchen und zupacken.

Gehandicapt Klar, die Mannschaft von Ferdinand Wittmann und Karlheinz Grauf wäre gerne als Meister ins Oberhaus eingezogen. Doch der AC Suhl zeigte vor 250 Schaulustigen im Schießsportzentrum auf dem Friedberg keine Schwäche. Mit 635,8 Punkten setzte sich der Meister der 2. Liga Süd souverän an die Spitze − vor dem TSV (592,0) und dem chancenlosen AC Meißen (438,8), der weiter Zweitligist bleibt.

"Der AC Suhl hat verdient gewonnen. Er hat souverän gehoben und schon in der Runde die konstanteren Leistungen gezeigt", sagte Kai Wittmann, der Mannschaftssprecher des TSV. "Es war sicherlich nicht der perfekte Wettkampf von uns. Wir wären schon gerne über 600, 610 Punkte gekommen", erklärte Abteilungsleiterin Martina Dosquet, ergänzte aber: "Wenn man mit einer halben Invalidentruppe anreist, ist nicht mehr drin. Unsere Jungs sind keine Maschinen."

Risiko Der TSV Heinsheim hatte beim Showdown in Thüringen alles gegeben und alles riskiert. Er hatte im Stoßen sogar den angeschlagenen Marcel Heinzelmann ins Rennen geschickt, um jedes Pünktchen zu nutzen. Doch der TSV schaffte es nicht, dem fast fehlerlosen AC Suhl Paroli zu bieten. Ein einziges Mal lag er bei dem Kräftemessen in Führung, nach den ersten Versuchen im dritten Block im Reißen − mit 218,6:195,6 Punkten. Ansonsten lief er stets einem Rückstand hinterher.

Für Glanzlichter sorgten die Heinsheimer dennoch: Mit 160,4 Relativpunkten war Aleksandar Dimitrov der mit Abstand beste Heber der Veranstaltung. Ebenfalls beeindruckend der Auftritt von Kevin Kübler: Den guten 107 Kilogramm im Reißen ließ "Kev" persönliche Bestleistungen im Stoßen (130 Kilogramm) und im Zweikampf (96,0 Punkte) folgen. "Er hat super gehoben", lobte Ferdinand Wittmann.

Er und das Team werden nach einer schöpferischen Pause die Bundesliga in Angriff nehmen. Auf was er sich dort einlässt, weiß der TSV Heinsheim. Auf der Heimfahrt am Samstagabend wurden viele Dinge besungen im Bus, sogar der "Europapokal". Nicht gesungen wurde: "Niemals 2. Liga, nie mehr, nie mehr." Das Abenteuer Bundesliga kann ganz, ganz schnell wieder vorbei sein. "Es ist wahrscheinlich schon so, dass wir keinen einzigen Wettkampf gewinnen", sagt Martina Dosquet und stellt klar: "Wir gehen weiter unseren Weg und machen das mit unseren Leuten."

Zu "unseren Leuten" zählt dabei auch Aleksandar Dimitrov. Der ehrgeizige Bulgare hat sich vorgenommen, den nächsten Rekord zu knacken − er will mindestens so lange für den TSV heben wie sein Vorgänger Ilian Tzankov. "Dann hat er ja noch ein paar Jährchen vor sich", freut sich Dosquet. Ebenfalls bei der Stange bleibt Oliver Ehemann. Da Robin Künzel ab November für neun Monate nach Australien geht, hängt der Routinier ein weiteres Jahr dran − und achtet genau darauf, dass die Mannschaft auch immer den richtigen Pokal mit nach Hause nimmt.